Krisen meistern zu können ist eine Kompetenz
Wie gehen wir mit persönlichen oder auch überpersönlichen Krisen um?
Findet ein Mensch nach einem Ereignis, das ihn in emotionale Turbulenzen bringt, kreative Wege und Optionen, auf die er sonst nicht gekommen wäre?
Anders gewendet: Machen Krisen erfinderisch? Können Krisen unser mentales oder seelisches Potenzial zu neuen Optionen und Lebensmöglichkeiten freiliegen? Uns auf neue Ideen bringen, die uns wahrhaft inspirieren und deren Verwirklichung nicht nur ein kurzes Strohfeuer in uns entfacht?
Eine provokative Frage, die leider (oder zum Glück) zu viele individuelle Faktoren beinhaltet, um sie mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten.
Sicher ist: Krisen bergen erstens Gefahren und können zweitens unsere Kreativität blockieren.
Zum Beispiel kann es passieren, dass Krisen unser Sichtfeld einengen und unseren Blick für mögliche Lösungen trüben.
Dann ist vor allem wichtig, die Angst nicht überhand nehmen zu lassen.
Ein entlastendes Gespräch mit einer dafür geeigneten Person ist an dieser Stelle oft das erste Mittel der Wahl. Auch wenn es manchem von uns eine gehörige Portion Mut und Überwindung kosten mag, so ist doch der Gewinn fast immer viel größer.
Krisen als Impuls- und Ideengeber
Angst und Co. sind bei weitem nicht alles, was aus Krisen resultieren kann.
Denn längerfristig betrachtet, können uns Krisen viel öfter als es zuerst den Anschein hat, trotz aller Probleme, Ängste und schlechten Gefühle wichtige Impulse in Form von neuen Ideen und Möglichkeiten geben.
Oder uns auch auf bestehende Ungleichgewichte aufmerksam machen und notwendige Veränderungen einleiten. Sei es im Beruf, im Gesellschaftlichen oder Privaten.
Krisen können vormals ungeahnte Entwicklungsprozesse in Gang setzen. Uns eine reifere Einstellung vermitteln und manchmal auch neue Betätigungsfelder und Lebenswege eröffnen, die wir im Nachhinein nicht würden missen wollen.
Die uns vor allem aus der Retroperspektive Sinnhaftigkeit vermitteln. Und uns während der Krisenzeit nicht in Schockstarre verharren lassen.
Sei es das Leben einer (neuen) Berufung, die Reflexion unserer Werte, die Arbeit an unserer Persönlichkeitsentwicklung oder die Gestaltung einer erfüllteren Partnerschaft bzw. die Schaffung entsprechender Voraussetzungen, soweit sie in unserem Einflussbereich liegen.
Oder ganz generell mehr Achtsamkeit für uns selbst und andere oder auch eine tiefer empfundene Lebensfreude durch ein bewussteres Leben.
Ich kenne zahlreiche Menschen, die gestärkt aus Krisen hervorgegangen sind, die erfahren haben, dass sie Krisen meistern können. Einige von ihnen haben ihrem Leben eine neue Richtung gegeben oder sich mehr auf das für sie Wesentliche fokussiert und manche haben es sogar allererst entdeckt.
So paradox es klingt: Auch wenn eine Krise durch Angst und Stress unsere Kräfte blockieren kann, sind es doch oft gerade Krisen, die uns nicht nur die Notwendigkeit, sondern auch die Chance oder den vielleicht längst überfälligen Anlass zu einer Veränderung geben.
Krisen durchbrechen den Alltag
Denn der Ausnahmezustand, in den uns eine Krise versetzt, zwingt uns, neue Wege zu suchen und manchmal auch notwendige persönliche Entwicklungen zu vollziehen, die wir ohne Krise vielleicht gar nicht gemacht hätten oder erst viel später.
Daher tun wir uns einen großen Gefallen, wenn wir eine bestehende Krise als eine solche akzeptieren und den Blick vor allem auf ihre Chancen richten. Vielleicht hast du es schon oft gehört und kannst es nicht mehr ab und doch ist es gerade im Bereich persönlicher und gesellschaftlicher Krisen unendlich kraftvoll:
Vieles hängt nicht vom Ereignis selbst ab, sondern davon, wie wir es bewerten und vor allem, wie wir mit ihm umgehen.
Bitte nicht falsch verstehen. Damit meine ich keineswegs, dass wir auf Teufel komm raus unsere gegenwärtigen Gefühle unterdrücken und um jeden Preis sofort die Chancenbrille aufsetzen sollen. (Mehr dazu habe ich in einem anderen Beitrag geschrieben: Das Gute im Schlechten sehen?)
Krisen meistern oder 6 Impulse für einen kreativen und selbstbestimmten Umgang mit Krisen
Im Folgenden möchte ich mit sechs Impulsen dazu beitragen, dass kraft dem Glauben an deine Selbstwirksamkeit und durch deine persönliche Kreativität Neues und Gutes für dich erwachsen kann.
Wenn du das Gefühl hast, in einer Krise persönliche Unterstützung zu benötigen, greife unbedingt darauf zurück. Oft ist das ein wirklich erfolgsversprechender Weg, der dir viel von deinem inneren Stress nehmen kann. Auch in diesem Fall kann das Folgende begleitend dazu hilfreich sein. Dir Anregungen dafür geben, was du jetzt gleich und in den nächsten Tagen für dich tun kannst.
1. Werde aktiv!
Zum Beispiel, indem du mit deinen intuitiven und kreativen Kanälen in Verbindung gehst.
Wie sehen Möglichkeiten dazu aus?
Etwa, indem du
- ein dich berührendes oder inspirierendes Buch liest,
- ein Bild malst in einer Weise, die dir guttut, ohne irgendeinen Leistungsanspruch zu hegen,
- an deinem Klavier oder deiner Klampfe improvisierst,
- eine Kunstausstellung besuchst (es gibt auch virtuelle),
- einen ausgiebigen Spaziergang in der Natur machst,
- deine Gedanken und Gefühle aufschreibst
- oder sie in eine Geschichte verpackst.
Vermeide fruchtloses Grübeln, vor allem Sätze, die mit “ich hätte” losgehen. Und schau, so gut es dir möglich ist, konsequent nach vorne.
2. Lass dich von deinen Träumen inspirieren!
Träume im Schlaf sind oft flüchtig. Schreibe sie auf, bevor du sie vergisst. Zumindest dann, wenn sie keinen bedrohlichen Inhalt haben.
Welche Impulse und Ideen halten sie möglicherweise für dich bereit?
Manchem Krisengebeutelten verhilft das behutsame Nachspüren und das sich Einlassen auf seine Träume auf neue und mitunter überraschende Pfade.
Wenn diese Methode etwas für dich ist, habe Geduld und Kontinuität. Sei offen für alles. Doch überfordere dich nicht mit übersteigerten Erwartungen.
3. Gib der Krise Sinn!
Du stehst vor einem Scherbenhaufen oder hast zumindest dieses Gefühl und fragst dich, warum ausgerechnet dir das passieren musste?
Frag stattdessen,
- wie du möglichst konstruktiv und nach vorne blickend mit dieser Situation umgehen könntest oder vielleicht auch:
- was dir die Situation oder Krise sagen könnte, z.B. könnte sie auf bisherige unbemerkte Überforderung deiner Ressourcen hinweisen,
- was kannst du aus der Situation oder Krise eventuell für dich mitnehmen?
- Welchen Sinn hat die Krise möglicherweise für dein Leben oder für dein zukünftiges Tun?
- Wenn du keinen Sinn siehst: Welchen Sinn wirst du ihr geben? (Ein äußerst wichtiger Punkt, um ins Handeln zu kommen, statt in Schockstarre zu verbleiben oder in Antriebslosigkeit zu versinken! Außerdem ein zentraler Faktor deiner Selbstermächtigung und Gestalterkraft!)
Einen Sinn in dem zu sehen, was in unserem Leben geschieht und vor allem in dem, was wir tun, ist für unser nachhaltiges Glück zentral – einschließlich der Option, dem Ganzen selbst einen Sinn oder eine konstruktive Bewertung zu geben.
Und nein, das ist kein altmodischer Hut, sondern es ist neben philosophischen Quellen und wiederholter Lebenserfahrung auch eine Erkenntnis moderner psychologischer Forschung.
4. Nimm Krisen und Niederlagen als Ansporn!
Der Intelligenz- und Kreativitätsforscher Howard Gardner hat herausgefunden, dass viele erfolgreiche und kreative Menschen wie Marie Curie oder Albert Einstein scheinbar negative Erfahrungen und Krisen konsequent als Herausforderungen gesehen haben, um ihnen dann zuversichtlich und wirkungsmächtig zu begegnen.
Sie haben trotz Misserfolgen nicht aufgegeben und an sich und ihre Kreativität geglaubt. An das Gelingen ihres Vorhabens und an den Wert ihres Tuns an sich. Das zeigt, wie kraftvoll es sein kann, wenn du dir verinnerlichst: Deine Einstellung zum Geschehen ist oft wichtiger als das Geschehen selbst.
Ein zentraler Aspekt auch für zielführende Lebenskunst und kreative Persönlichkeitsentwicklung.
5. Deine Welt steht kopf?
Nutze die Gelegenheit und verändere, was dich schon lange stört. Schau, wo dein Hebel ist.
- Was liegt bei dir?
- Was kannst du beeinflussen?
- In welche Richtung willst du dein Leben steuern?
- Wer kann dich dabei unterstützen?
- Was ist der erste Schritt, den du sofort tun kannst?
- Ist Gegenwind zu erwarten, auf den du dich vorbereiten kannst?
Und ganz wichtig: Praktiziere Mitgefühl mit dir selbst. Sei dir selbst ein guter Freund!
6. Trau dich, neue Wege zu gehen!
Setz dir keine zu engen Grenzen, sondern erlaube dir zu träumen und lote dann aus, was möglich ist.
Auch wenn du zuerst skeptisch und voller Zweifel bist und es nicht für wahr halten kannst: Oft ist das, was möglich ist, viel mehr, als du zunächst glaubst.
Sei zuversichtlich und vertrau deiner Kraft und ureigenen Kreativität. Lausche deiner inneren Stimme. Nicht verkrampft, sondern spielerisch. Auch wenn es dir vergeblich erscheinen mag: Lass es zumindest auf einen Versuch ankommen.
Denn gar nicht so selten nach Krisen: Vielleicht beginnt nach der Zeit des Schmerzes, des Loslassens, des Umbruchs in all seinen Facetten ein neuer Weg der Freude und Erfüllung, den du davor nie für möglich gehalten hättest.
Bild: geralt
Aktualisiert am 14. Dezember, 2023 von Manuela
2 Antworten
Marion
Die Erfahrung, dass man einer Krise im Nachhinein oft etwas Positives abgewinnen kann, habe ich auch schon gemacht und ebenso das Gefühl der völligen Lähmung während der Krise! Insofern finde ich die konkreten Tipps zum Umgang mit einer Krise äußerst sinnvoll! Ich hoffe, sie kommen mir bei der nächsten Krise in den Sinn!
Manuela Sekler
Vielen Dank dafür, dass du uns an deinen Erfahrungen mit Krisen teilhaben lässt.
Außerdem freut mich natürlich sehr, dass dir meine Tipps zusagen.
Ich wünsche dir alles Beste und einen erfolgreichen Umgang mit der nächsten Krise.
Vor allem eine kürzere Zeit der Lähmung, indem du für dich passende Strategien anwendest.
Liebe Grüße
Manuela