Aktualisiert am 27. Mai, 2023 von Manuela
Die innere Mitte nach Stress und Selbstzweifeln zurückgewinnen
Vielleicht hast du auch schon einmal die Erfahrung gemacht, dass es uns enorm entlastet, wenn wir die Fähigkeit haben, unseren Gedanken, Gefühlen und Handlungen nicht einfach ausgeliefert zu sein wie ein Fähnchen im Wind. Wenn wir dazu in der Lage sind, uns selbst – unser Denken, Fühlen und Handeln – auch bei Stress, Selbstzweifeln und Krisen weitgehend unter Kontrolle zu haben.
Wenn du den Beitrag einschließlich der in ihm integrierten meditativen Übung lieber hören möchtest, findest du ihn unter dem Menüpunkt Podcast.
Ein innerer sicherer Ort bietet hierfür eine Möglichkeit, weil er prinzipiell der eigenen Kontrolle und Steuerung unterliegt. Ungeachtet der Stürme da draußen oder im eigenen Innern. Ob die nun toben im Kontext unserer Arbeit oder aufgrund eines hartnäckig schwelenden Konflikts in einer Beziehung. Oder wegen unserer eigenen Gedanken, die uns sagen, dass wir nicht genügen oder die uns in anderer Weise schaden.
Es ist gut erforscht, dass es eine zentrale psychische Ressource für unsere Lebensqualität und für nachhaltigen Lebenserfolg ist, wenn wir uns auch in belastenden Situationen steuern können. Wenn wir unsere Gefühle regulieren und unseren Glauben an unsere eigenen Kräfte soweit wie möglich bewahren oder auch aufbauen können.
Denn so lassen sich Stress und Herausforderungen, die in der einen oder anderen Form auf dich einströmen, viel besser bewältigen. Selbstverständlich schließt dies nicht aus, dass es manchmal hilfreich oder notwendig ist, sich unterstützende Begleitung von außen zu holen. Gerade Menschen, die einen hohen Grad an Selbstwirksamkeit und echter Souveränität ihr eigen nennen dürfen, scheuen sich nicht, Hilfe zu organisieren, wenn sie mal aus eigener Kraft nicht weiterkommen.
Was können solche Herausforderungen, die ich hier meine, sein? Möglichkeiten gibt es viele. Zum Beispiel hartnäckige Selbstzweifel, die Trennung vom Partner und daraus resultierender Liebeskummer, emotionale Abhängigkeit, den Verlust des Arbeitsplatzes, eine Erkrankung oder auch eine schmerzliche menschliche Ent-Täuschung.
Eine andere, häufig beklagte Herausforderung, ist von Zeit zu Zeit überlastender Stress im Alltag. (Falls er schon fast die Regel ist, sind natürlich bestimmte weitergehende Konsequenzen wie etwa eine Umstrukturierung des Alltags oder eventuell auch ein Neustart angebracht. Ein eigenes weites Themenfeld.)
Oder etwa ein besonderes berufliches “Highlight” wie ein Vortrag vor versammeltem Auditorium, wenn du introvertiert oder vielleicht eher schüchtern bist. Auch hier kann ein innerer sicherer Ort die Ressource der Wahl sein.
Vielleicht hast auch du aktuell etwas, das in dir Sehnsucht nach Entspannung und mentaler Entlastung wachruft?
Erschaffe dir einen inneren sicheren Ort
Egal, ob nun aktuell etwas Bestimmtes vorliegt oder nicht, können wir sehr davon profitieren, wenn wir eine Technik kennen und beherrschen, die uns an einen eigenen inneren Ort bringt, an dem wir uns fallen lassen und zumindest für einige Zeit mental und körperlich entspannen können. An dem wir Ruhe finden und neue Kraft.
Wie wäre es, wenn du einen solchen inneren Ort jederzeit zur Verfügung hättest, an den du gehen könntest, wann immer dir danach ist? An den du gehen könntest, wann immer du das Gefühl hast, ich kann nicht mehr. Ich muss raus aus der Situation, um Abstand zu gewinnen und um auf neue Gedanken zu kommen. Oder wenn du fühlst: Ich habe solche Angst vor dem Auditorium zu sprechen und brauche erstmal einen inneren Raum, an dem ich mich wieder in meine Mitte komme …
Wie ist es bei dir? Kennst du die eine oder andere Situation? Und glaubst du, es könnte entlastend für dich sein, dir einen solchen inneren sicheren Ort zu erschaffen? Der dir bei Bedarf neue Kraft verleiht und damit dein Leben leichter, schöner und letztlich auch erfolgreicher macht?
Dein innerer sicherer Ort als wertvolle Ressource für mehr Energie und kreative Stressbewältigung
Ob du dich bei der Gestaltung deines inneren sicheren Orts von einem realen Ort, beispielsweise einer einsamen Ferieninsel, inspirieren lässt oder von deiner Fantasie, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass er zu einer verlässlichen Größe in deinem Inneren wird und du ihn bei Bedarf jederzeit abrufen kannst.
Jetzt fragst du dich vielleicht: Und wie funktioniert eine solche Reise an einen inneren Ort? Wie entsteht er und wie kann ich an diesen sicheren inneren Ort immer dann gelangen, wenn mir danach ist? Wie schaffe ich es, ihn herbeizuholen, wann immer ich ihn gut für mich und mein Wohlbefinden brauchen kann?
Im Folgenden stelle ich dir eine Imaginationsübung vor, mit der du dir deinen ganz persönlichen inneren Ort kreierst.
Ursprünglich wurde die Übung im Kontext der Traumatherapie konzipiert, ist jedoch auch für andere Situationen sehr hilfreich. Die Imagination als solche erfordert ein wenig Konzentration und mehrere Wiederholungen, bis sie im Prinzip jederzeit abgerufen werden kann.
Wenn du es gut mit dir meinst und das Engagement aufbringst, ein wenig Zeit und Energie in diese innere Reise an deinen inneren sicheren Ort zu investieren, gewinnst du eine wertvolle Ressource für Krisen und Herausforderungen. Du erhältst ein Werkzeug, mit dem du dich selbst unterstützen kannst. Mit dem du auch in schwierigen Situationen standhalten kannst und neue Energie tankst.
Dein innerer sicherer Ort: Anregungen für die Reise
Leg dich bequem hin und schließe deine Augen.
Atme ruhig ein und aus. Mit jedem Ausatmen gelangt dein Körper noch tiefer in die Entspannung.
Begib dich nun in Gedanken an einen sicheren und schönen Ort, an dem du dich so richtig wohl und geborgen fühlst.
Wie bereits angedeutet: Es ist egal, ob es ein realer oder fiktiver Ort ist.
Wichtig ist, dass du dich ganz fallen lassen kannst.
Vielleicht ist es ein Ort am Meer, vielleicht liegt er in den Bergen oder auf einer grünen Wiese mit blauen Blumen darin. Vielleicht sieht er auch ganz anders aus … Was siehst Du?
Es gibt viele Möglichkeiten.
Alles ist richtig, solange du dich an diesem Ort wohlfühlst.
Wenn du also an deinem inneren sicheren Ort angekommen bist, schau dich in Ruhe dort um und nehme wahr:
Wie sieht es an ihm aus?
Welche Farben sind zu sehen?
Was hörst du?
Wie genau klingt es?
Was fühlst du?
Was riechst du?
Genieße deine innere Reise mit allen Sinnen, lass die Eindrücke auf dich wirken und speichere sie in deinem Innern sorgfältig ab. Idealerweise gibst du diesem Ort einen Namen, an den du dich auch später erinnerst.
Wenn du dich bereit dafür fühlst, komme wieder zurück in die Wirklichkeit.
Atme noch einmal tief und bewusst durch und strecke dich. Wenn du dann soweit bist, öffne langsam wieder die Augen.
Dein innerer sicherer Ort will verankert werden: Habe Geduld oder improvisiere
Nimm die genannten Schritte als Anregung und wiederhole die Imaginationsübung möglichst oft.
Nach einer für dich ausreichenden Zahl von Wiederholungen, das können durchaus zehn oder mehr sein, stehen die Chancen sehr gut, dass dir dein Organismus die gewünschten Gefühle von Ruhe und Geborgenheit schenkt, wann immer du deinen inneren sicheren Ort aufrufst.
Am einfachsten funktioniert es, wenn du an den Namen denkst, den du deinem inneren Ort gegeben hast. Der Name hilft dir, den Ort sofort und umfassend zu erinnern.
Wenn sich bei dir trotz genug Wiederholungen die erwünschten Gefühle nicht einstellen oder du den Eindruck hast, eine solche Übung liegt dir nicht sonderlich, mach dir keine Sorgen. Dann kannst du dich für deine innere Reise entweder professionell unterstützen lassen oder du suchst dir einfach eine andere Möglichkeit, dich in schwierigen Situationen innerlich zu entspannen.
Eine Klientin hat mir etwa erzählt, dass sie einen inneren sicheren Ort für sich findet, wenn sie sich ganz tief in eine ihrer Lieblingsmelodien versenkt. Ein Bekannter findet seinen inneren und äußeren Rückzugsort auf seinem eigentlich ausrangierten blauen Sofa. Das habe ihm schon oft in Krisensituationen innere Ruhe und Gelassenheit wiederfinden lassen…
Du siehst, es gibt die Möglichkeit zu improvisieren und Alternativen. Was ich begrüße. Und doch möchte ich dir ans Herz legen, dir die oben beschriebene Übung anzueignen. Sie in deinen persönlichen Ressourcenkoffer für herausfordernde Lebenslagen einzupacken.
Doch nicht nur dafür kann die Übung des inneren sicheren Orts hilfreich sein. Vielleicht dient sie dir auch ganz einfach in hektischen Zeiten deines Alltags zur Entspannung oder verhilft dir zu einem wohltuenderen Schlaf.
Wofür auch immer im Einzelnen. Die Übung kann aus meiner Sicht ein überaus wirksamer Baustein für kreatives Selbstmanagement sein.
Ich wünsche dir von Herzen einen inneren sicheren Ort, der dich in belastenden Situationen wieder in deine Mitte bringt und dir neue Kraft schenkt.
Lass mich im Kommentarbereich gerne wissen, wie du mit der Übung klar gekommen bist und welche Erfahrungen du gemacht hast.
Bild: Hans Braxmeier
2 Antworten
Mike
Ich hänge nicht an Orten. Ich habe mich an meinem Wunschort auch traurig und alleine gefühlt.
Manuela
Meinen Sie damit einen realen Ort oder einen imaginierten?
Wenn wir z.B. Urlaub an einem schönen sonnigen Ort machen in einer Zeit, in der wir uns schlecht fühlen, gilt es immer zu bedenken, dass wir uns dahin selbst mit all unserem etwaigen Leid, all unseren Gedanken und Gefühlen “mitnehmen”. Es tritt also nicht unbedingt eine Verbesserung unseres Zustandes ein, machmal ist sogar eher das Gegenteil der Fall, weil wir uns zusätzlich vielleicht noch einsamer fühlen als davor.
Ein imaginierter Ort in unserem Innern bietet dahingehend die Möglichkeit, ihn mental und emotional so auszugestalten, dass er uns in der jeweiligen Situation guttut. Selbstverständlich ist auch er kein Allheilmittel. Vor allem dann nicht, wenn wir beispielsweise in einer tiefen Depression stecken. In diesem Fall etwa wäre ärztliche oder therapeutische Hilfe angesagt, während z.B. bei “normalen” Selbstbewusstseinsproblemen, Stress und Belastungssituationen im Alltag ein eingeübter innerer sicherer Ort ein hilfreiches Werkzeug zur Selbstanwendung sein kann.